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RANDOM(4) Linux-Programmierhandbuch RANDOM(4)

BEZEICHNUNG

random, urandom - Kernel-Geräte zur Erzeugung von Zufallszahlen

BESCHREIBUNG

Die zeichenorientierten Gerätedateien /dev/random und /dev/urandom (seit Linux 1.3.30 vorhanden) sind eine Schnittstelle zum kernelinternen Zufallszahlengenerator. Die Datei /dev/random hat die Major-Gerätenummer 1 und die Minor-Gerätenummer 8. Die Datei /dev/urandom hat die Major-Gerätenummer 1 und die Minor-Gerätenummer 9.
Der Zufallszahlengenerator sammelt das Umgebungs-»Rauschen« von Gerätetreibern und anderen Quellen in einem Entropie-Pool. Der Generator merkt sich seine Schätzung der Anzahl der Rausch-Bits im Entropie-Pool. Aus diesem Entropie-Pool von Zufallszahlen werden erzeugt.
Beim Lesen wird das Gerät /dev/random nur zufällige Bytes innerhalb der geschätzten Zahl der Rausch-Bits im Entropie-Pool zurückgeben. /dev/random sollte für Anwendungen geeignet sein, die einen hohen Grad von Zufälligkeit erfordern. Das sind beispielsweise die einmalige Erzeugung von Schlüsseln oder »Pads«. Wenn der Entropie-Pool leer ist, werden Lesezugriffe auf /dev/random blockiert, bis weiteres Umgebungsrauschen gesammelt wurde.
Ein Lesevorgang vom Gerät /dev/urandom blockiert das Warten auf weitere Entropie nicht. Als Ergebnis sind bei unzureichender Entropie im Entropie-Pool die zurückgegebenen Werte theoretisch anfällig für einen Angriff auf die kryptographischen Algorithmen, die der Treiber anwendet. In der verfügbaren (nicht geheimen) Literatur findet sich kein Wissen über solche Angriffe, aber deren Existenz ist theoretisch möglich. Wenn das für Ihre Anwendung problematisch ist, verwenden Sie stattdessen /dev/random.

Verwendung

Wenn Sie unsicher sind, ob Sie /dev/random oder /dev/urandom verwenden sollten, dann ist wahrscheinlich letzteres das Richtige für Sie. Als allgemeine Regel sollte /dev/urandom für alles außer langlebige GPG/SSL/SSH-Schlüssel verwendet werden.
 
Es wird empfohlen, eine Seed-Datei über Neustarts des Systems hinweg zu speichern. (Alle gängigen Linux-Distributionen tun das seit spätestens dem Jahr 2000 ). Dann ist die Ausgabe des Zufallszahlengenerators kryptografisch sicher gegen Angreifer ohne lokalen Root-Zugriff, sobald die Seed-Datei während der Boot-Sequenz neu geladen wird, und völlig ausreichend für Sitzungs-Schlüssel bei Netzwerk-Verschlüsselung. Da Lesezugriffe auf /dev/random blockieren können, werden die Nutzer in der Regel sie im nicht blockierenden Modus öffnen (oder für den Lesezugriff eine Zeitschranke setzen) und eine Art von Benachrichtigung des Benutzers realisieren wollen, wenn die gewünschte Entropie nicht sofort verfügbar ist.
 
Der Kernel-Zufallszahlen-Generator wurde entwickelt, um eine kleine Menge von qualitativ hochwertigem »Saatgut« für die Initialisierung eines kryptographischen Pseudo-Zufallszahlengenerators (CPRNG) zu erzeugen. Er ist auf Sicherheit und nicht auf Geschwindigkeit ausgelegt. Für die Erzeugung großer Mengen von Zufallsdaten ist er nicht geeignet. Anwender sollten sehr sparsam bei der Entnahme von »Saatgut« aus /dev/urandom (und /dev/random) sein; der Verbrauch unnötig großer Datenmengen von diesem Gerät wird eine negative Auswirkung auf die Mitbenutzer des Geräts haben.
 
Die erforderliche Menge an Saatgut für die Erstellung eines kryptografischen Schlüssels entspricht der effektiven Größe des Schlüssels. Zum Beispiel hat eine 3072-Bit-RSA oder ein privater Diffie-Hellman-Schlüssel eine effektive Schlüssellänge von 128 Bit (es werden etwa 2^128 Operationen benötigt, um den Schlüssel zu knacken brechen). Somit muss ein Schlüsselgenerator nur 128 Bit (16 Byte) von Saatgut aus /dev/random entnehmen.
 
Während ein Sicherheitszuschlag über dieses Minimum heraus sinnvoll ist, um sich gegen Mängel im CPRNG-Algorithmus abzusichern, kann keine heute verfügbare kryptographische Primitive mehr als 256 Bit an Sicherheit. Wenn also ein Programm mehr als 256 Bit (32 Byte) pro Aufruf oder angemessenem Regenerierungsintervall (mindestens eine Minute) aus dem Entropiepool liest, sollte das als Zeichen genommen werden, dass seine Kryptographie ungeschickt implementiert ist.

Konfiguration

Wenn auf Ihrem System /dev/random und /dev/urandom nicht schon vorhanden sind, können sie mit den folgenden Befehlen erzeugt werden:
 
    mknod -m 644 /dev/random c 1 8
    mknod -m 644 /dev/urandom c 1 9
    chown root:root /dev/random /dev/urandom
 
Wenn ein Linux-System wenig Benutzerinteraktion während des Systemstarts hat, kann der Entropie-Pool in einem ziemlich vorhersehbaren Zustand sein. Dadurch verringert sich die tatsächliche Höhe des Rauschens im Entropie-Pool unter die Schätzung. Um diesem Effekt entgegenzuwirken, kann man Informationen über den Entropie-Pool über Stillstandszeiten und Systemstarts hinweg zu übernehmen. Dazu fügen Sie folgende Zeilen in ein geeignetes Skript ein, das während das des Hochfahrens des Linux-Systems ausgeführt wird:
 
    echo "Initialisierung des Zufallszahlengenerators ..."
    random_seed=/var/run/random-seed
    # Saatgut über einen Neustart hinweg sichern
    # den gesamten Entropie-Pool laden und dann sichern
    if [ -f $random_seed ]; then
        cat $random_seed >/dev/urandom
    else
        touch $random_seed
    fi
    chmod 600 $random_seed
    poolfile=/proc/sys/kernel/random/poolsize
    [ -r $poolfile ] && bytes=`cat $poolfile` || bytes=512
    dd if=/dev/urandom of=$random_seed count=1 bs=$bytes
 
Fügen Sie ebenfalls in einem passenden Skript, das beim Herunterfahren des Linux-Systems ausgeführt wird, die folgenden Zeilen ein:
 
    # Saatgut über einen Neustart hinweg sichern
    # den gesamten Entropie-Pool sichern
    echo "Saatgut wird gesichert ..."
    random_seed=/var/run/random-seed
    touch $random_seed
    chmod 600 $random_seed
    poolfile=/proc/sys/kernel/random/poolsize
    [ -r $poolfile ] && bytes=`cat $poolfile` || bytes=512
    dd if=/dev/urandom of=$random_seed count=1 bs=$bytes

/proc-Schnittstelle

Die Dateien im Verzeichnis /proc/sys/kernel/random (verfügbar seit 2.3.16) stellen eine zusätzliche Schnittstelle zu /dev/random zur Verfügung.
Die nur lesbare Datei entropy_avail gibt die verfügbare Entropie an. Normalerweise ist das 4096 (Bits), ein voller Entropie-Pool.
Die Datei poolsize gibt die Größe des Entropiepools an. Die Semantik dieser Datei variiert mit den Kernel-Versionen:
Linux 2.4:
Diese Datei gibt die Größe des Entropie-Pools in Bytes an. Normalerweise wird diese Datei den Wert 512 haben. In sie kann aber geschrieben werden und auf jeden Wert geändert werden, für den ein Algorithmus verfügbar ist. Als möglichkeite Werte stehen 32, 64, 128, 256, 512, 1024 oder 2048 zur Verfügung.
Linux 2.6:
Diese Datei ist nur lesbar und enthält die Größe des Entropie-Pools in Bits. Sie enthält den Wert 4096.
Die Datei read_wakeup_threshold gibt die erforderliche Entropie (in Bits) an, um »schlafend« auf Entropie aus /dev/random wartende Prozesse zu »wecken«. Der Standardwert ist 64. Die Datei write_wakeup_threshold gibt die Entropie-Schwelle in Bits an, unterhalb derer Prozesse aufgeweckt werden, die ein select(2) oder ein poll(2) für den schreibenden Zugriff auf /dev/random ausführen. Diese Werte können geändert werden, indem in die Dateien geschrieben wird.
Die nur lesbaren Dateien, die uuid und boot_id enthalten zufällige Zeichenketten wie 6fd5a44b-35f4-4ad4-a9b9-6b9be13e1fe9. Die erstere wird bei jedem Lesezugriff neu erzeugt, die letztere nur einmal.

DATEIEN

/dev/random
 
/dev/urandom

SIEHE AUCH

mknod (1)
 
RFC 1750, "Randomness Recommendations for Security"

KOLOPHON

Diese Seite ist Teil der Veröffentlichung 3.42 des Projekts Linux- man-pages. Eine Beschreibung des Projekts und Informationen, wie Fehler gemeldet werden können, finden sich unter http://www.kernel.org/doc/man-pages/.
 

ÜBERSETZUNG

Die deutsche Übersetzung dieser Handbuchseite wurde von Martin Eberhard Schauer <Martin.E.Schauer@gmx.de> erstellt.
 
Diese Übersetzung ist Freie Dokumentation; lesen Sie die GNU General Public License Version 3 oder neuer bezüglich der Copyright-Bedingungen. Es wird KEINE HAFTUNG übernommen.
 
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29. August 2010 Linux