Scroll to navigation

GETITIMER(2) Linux-Programmierhandbuch GETITIMER(2)

BEZEICHNUNG

getitimer, setitimer - Zeit eines Intervall-Timers abfragen oder setzen

ÜBERSICHT

#include <sys/time.h>
int getitimer(int welcher, struct itimerval *aktueller_wert);
int setitimer(int welcher, const struct itimerval *neuer_wert,
              struct itimerval *alter_wert);

BESCHREIBUNG

Diese Systemaufrufe ermöglichen den Zugriff auf Intervall-Timer, das sind Timer (Zeitgeber), die zuerst zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Zukunft ablaufen und (optional) anschließend nach regelmäßigen Intervallen. Wenn ein Timer abläuft, wird ein Signal für den aufrufenden Prozess erzeugt und der Timer wird auf das angegebene Intervall zurückgesetzt (falls verschieden von Null).

Es werden drei Arten von Timern – durch das Argument welcher spezifiziert – zur Verfügung gestellt, von denen jeder gegen eine andere Uhr läuft und ein anderes Signal bei Ablauf erzeugt:

Dieser Timer zählt in Echtzeit (im Sinne der tatsächlich vergangenen Zeit, »wall clock«) herunter. Bei jedem Ablauf wird ein Signal SIGALRM erzeugt.
Dieser Timer zählt gegen die Usermodus-Prozessorzeit herunter, die vom Prozess verbraucht wird. (Die Messung beinhaltet die Prozessorzeit, die von allen Threads im Prozess verbraucht wird.) Bei jedem Ablauf wird ein Signal SIGVTALRM erzeugt.
Dieser Timer zählt gegen die Gesamt-Prozessorzeit (d.h. sowohl Usermodus als auch Systemmodus) herunter, die vom Prozess verbraucht wird. (Die Messung beinhaltet die Prozessorzeit, die von allen Threads im Prozess verbraucht wird.) Bei jedem Ablauf wird ein Signal SIGPROF erzeugt.
In Verbindung mit ITIMER_VIRTUAL kann dieser Timer verwendet werden, um die Usermodus- und Systemmodus-Prozessorzeit zu messen, die vom Prozess verbraucht wird.

Ein Prozess hat nur jeweils einen dieser drei Arten von Timern.

Timerwerte sind durch folgende Strukturen definiert:


struct itimerval {

struct timeval it_interval; /* Intervall für periodische Timer */
struct timeval it_value; /* Zeit bis zum nächsten Ablauf */ }; struct timeval {
time_t tv_sec; /* Sekunden */
suseconds_t tv_usec; /* Mikrosekunden */ };

getitimer()

Die Funktion getitimer() platziert den aktuellen Wert des Timers welcher in den Puffer, auf den aktueller_wert zeigt.

Die Unterstruktur it_value wird mit der Restzeit gefüllt, die noch verbleibt, bevor der angegebene Timer das nächste Mal abläuft. Dieser Wert verändert sich, während der Timer herunterzählt und wird auf it_interval zurückgesetzt, wenn der Timer abläuft. Wenn beide Felder von it_value Null sind, dann ist dieser Timer gerade nicht scharfgeschaltet (inaktiv).

Die Unterstruktur it_interval wird mit dem Timerintervall gefüllt. Wenn beide Felder von it_interval Null sind, dann ist dies ein einmaliger Timer (d.h. er läuft nur einmal ab).

setitimer()

Die Funktion setitimer() aktiviert oder deaktiviert den durch welcher angegebenen Timer, indem der Timer auf den Wert gesetzt wird, der durch neuer_wert festgelegt wurde. Falls alter_wert nicht NULL ist, wird der Puffer, auf den gezeigt wird, zur Rückgabe des vorherigen Wertes des Timers verwendet (also die gleiche Information, die von getitimer() zurückgegeben wird).

Wenn eines der Felder in neuer_wert.it_value nicht Null ist, dann ist dieser Timer scharfgeschaltet, um initial zur angegebenen Zeit abzulaufen. Wenn beide Felder in neuer_wert.it_value Null sind, ist dieser Timer nicht scharfgeschaltet.

Das Feld neuer_wert.it_interval legt das neue Intervall für den Timer fest; wenn beide Unterfelder Null sind, ist es ein einmaliger Timer.

RÜCKGABEWERT

Bei Erfolg wird Null zurückgegeben. Bei einem Fehler wird -1 zurückgegeben und errno entsprechend gesetzt.

FEHLER

neuer_wert, alter_wert oder aktueller_wert sind keine gültigen Zeiger.
welcher ist weder ITIMER_REAL, ITIMER_VIRTUAL noch ITIMER_PROF oder (seit Linux 2.6.22) eines der tv_usec-Felder in der Struktur, auf die neuer_wert zeigt, enthält einen Wert, der außerhalb des Bereichs 0 bis 999999 liegt.

KONFORM ZU

POSIX.1-2001, SVr4, 4.4BSD (dieser Aufruf erschien erstmalig in 4.2BSD). POSIX.1-2008 kennzeichnet getitimer() und setitimer() als veraltet und empfiehlt stattdessen die POSIX-Timer-API zu benutzen (timer_gettime(2), timer_settime(2), etc.).

ANMERKUNGEN

Timer laufen nie vor der angeforderten Zeit ab, könnten aber eine (kurze) Zeit danach ablaufen. Dies hängt von der Timerauflösung des Systems und der Systemauslastung ab; siehe time(7). (Siehe aber im Folgenden den Abschnitt FEHLER.) Falls ein Timer abläuft, während der Prozess aktiv ist (trifft für ITIMER_VIRTUAL immer zu), wird das Signal sofort gesandt, wenn es generiert ist.

Ein Kindprozess, der mittels fork(2) erzeugt wurde, erbt nicht die Intervall-Timer seines Elternprozesses. Intervall-Timer bleiben über ein execve(2) erhalten.

POSIX.1 beschreibt das Zusammenspiel zwischen setitimer() und den drei Schnittstellen alarm(2), sleep(3) und usleep(3) nicht näher.

Die Standards schweigen zu der Bedeutung des folgenden Aufrufs:


setitimer(welcher, NULL, &alter_wert);

Viele Systeme (Solaris, die BSDs und vielleicht andere) behandeln dies äquivalent zu Folgendem:


getitimer(welcher, &alter_wert);

Unter Linux wird dies als äquivalent zu einem Aufruf betrachtet, bei dem die Felder neuer_wert Null sind, das heißt, der Timer deaktiviert ist. Benutzen Sie nicht diese ungünstige Linux-Eigenschaft: Sie ist nicht portierbar und unnötig.

FEHLER

Das Generieren und Senden eines Signals sind eigenständig und nur eine Instanz von jedem der oben aufgelisteten Signale kann für einen Prozess anstehen. Unter sehr hoher Systemlast kann ein ITIMER_REAL-Timer ablaufen, bevor das Signal von einem vorherigen Ablauf geliefert wurde. Das zweite Signal geht bei einem solchen Ereignis verloren.

Auf Linux-Kerneln vor 2.6.16 wurden Timerwerte in Jiffies dargestellt. Falls eine Anfrage zum Setzen des Timers gemacht wurde, dessen Jiffies-Entsprechung MAX_SEC_IN_JIFFIES übersteigt (in include/linux/jiffies.h definiert), dann wurde der Timer stillschweigend auf diese Obergrenze gekürzt. Auf Linux/i386 (wobei seit Linux 2.6.13 der Standard-Jiffy 0,004 Sekunden entspricht), bedeutet dies, dass die Obergrenze für einen Timer zirka 99,42 Tagen entspricht. Seit Linux 2.6.16 benutzt der Kernel eine andere interne Entsprechung für Zeiten und diese Obergrenze wurde entfernt.

Auf bestimmten Systemen (einschließlich i386) haben Linux-Kernel vor 2.6.12 einen Fehler, der unter Umständen vorzeitige Timerabläufe von bis zu einem Jiffy produziert. Dieser Fehler wurde in Kernel 2.6.12 behoben.

Laut POSIX.1-2001 sollte setitimer() fehlschlagen, wenn ein tv_usec-Wert angegeben wurde, der außerhalb des Bereichs 0 bis 999999 liegt. In Kerneln bis einschließlich 2.6.21 gibt Linux jedoch keinen Fehler zurück, sondern passt stattdessen stillschweigend den Sekundenwert für den Timer an. Ab Kernel 2.6.22 aufwärts wurde dieser Fehler behoben: Ein unpassender tv_usec-Wert führt zu einem EINVAL-Fehler.

SIEHE AUCH

gettimeofday(2), sigaction(2), signal(2), timer_create(2), timerfd_create(2), time(7)

KOLOPHON

Diese Seite ist Teil der Veröffentlichung 5.10 des Projekts Linux-man-pages. Eine Beschreibung des Projekts, Informationen, wie Fehler gemeldet werden können, sowie die aktuelle Version dieser Seite finden sich unter https://www.kernel.org/doc/man-pages/.

ÜBERSETZUNG

Die deutsche Übersetzung dieser Handbuchseite wurde von Helge Kreutzmann <debian@helgefjell.de>, Chris Leick <c.leick@vollbio.de>, Mario Blättermann <mario.blaettermann@gmail.com> und Dr. Tobias Quathamer <toddy@debian.org> erstellt.

Diese Übersetzung ist Freie Dokumentation; lesen Sie die GNU General Public License Version 3 oder neuer bezüglich der Copyright-Bedingungen. Es wird KEINE HAFTUNG übernommen.

Wenn Sie Fehler in der Übersetzung dieser Handbuchseite finden, schicken Sie bitte eine E-Mail an die Mailingliste der Übersetzer.

11. April 2020 Linux